Übersetzt heißt Dirty Talk auch “Schmutziges Gerede”.
Mit dieser sexuellen Praktik bezeichnet man das Benutzen von sehr anschaulichen und direkten oder erotisierenden Wörtern. Gewöhnlicherweise benutzt man diese vor oder während des Geschlechtsverkehrs zur Erhöhung der sexuellen Stimulation.
Sex und Sprache schließen sich nicht aus. Ganz im Gegenteil. Für viele Männer und Frauen hat das gemeinsame Liebesspiel nämlich ganz entscheidend auch mit Sprache zu tun. Deshalb wird in den Betten vieler Pärchen so einiges erzählt und geflüstert. Bevorzugt wird dabei im Bereich der Sexualität eine vorsichtige und zärtliche Sprache, wie Liebesgeflüster. Doch letztendlich beginnt die Stimulation durch Worte schon bei der Nennung des Namens oder Kosenamens des Partners.
Manche Menschen geniessen es jedoch, den Partner, sich selbst oder gegenseitig auch während des Liebesspiels mit Worten zu erregen oder sich dadurch erregen zu lassen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Wahl der Stimme, der Tonfall und das Timbre.
Dirty Talk ist eine Gratwanderung. Wichtig dabei ist, nicht über das Ziel hinaus zu schießen. Je nach Zusammenhang kann nämlich auch ein und dasselbe Wort ganz unterschiedliche Bedeutungen annehmen. Das wiederum kommt darauf an, ob die Wörter beispielsweise scheinbar unbeteiligt, spitz, keuchend, lächelnd, streng, anschmiegsam oder auch hauchend benutzt werden.
Die “Lust am Wort” setzt allerdings meistens ein vertrauensvolles Verhältnis beider Partner voraus. Am Idealsten ist es natürlich, wenn beide dieselbe Sprache sprechen. Auf diese Weise verhindert man, sich gegenseitig mit Worten zu verletzen. Reagiert der Partner trotzdem eher verunsichert, dann sollte man lieber einen Gang zurückschalten.
Zärtliche und intime Gespräche leiten oft eine sexuelle Handlung ein. Denn manche Dinge möchte man einfach nur hören, um sich besser zu fühlen und die Erregung zu steigern. In einer Beziehung ist dies von großer Bedeutung. Andere Sätze hingegen klingen eher abtörnend und können den Spass im Bett schnell stören.
Dirty Talk geht über das Reden, (unausgesprochene) Wünsche oder Bedürfnisse hinaus. Hier wird das Reden selbst ins Liebesspiel miteinbezogen. Dirty Talk in das Liebesspiel mit zu integrieren, kostet häufig eine gewisse Überwindung. Beim Benutzen “schweinischer” Wörter kommen sich Anfänger deshalb oft albern vor. Um über diese Unbehaglichkeit und Unsicherheit hinwegzukommen, bedarf es manchmal einer großen Portion Übung. Oftmals besteht guter Dirty Talk auch aus Feststellungen und Aufforderungen sowie aus rethorischen Fragen.
Im Prinzip hat der Dirty Talk drei Ziele. Einmal, um dem Anderen zu zeigen, dass man sich völlig gehen lassen will.
Zum anderen aber auch, um dem Partner ein Feedback zu geben, ob und wie das Liebesspiel gefällt.
Vor allem aber soll der Dirty Talk den Sex hemmungsloser gestalten und ihn bereichern. Der Talk soll dabei helfen, in erotische Stimmung zu kommen, sich gegenseitig in Erregung zu versetzen und die eigene Lust steigern. Außerdem soll er dem Sex zu einem zusätzlichen Kick verhelfen. Dieser kleine Tabubruch kann für das Sexleben äußerst inspirierend sein.
Beide Partner sollten zuerst langsam die Reaktionen des Anderen erkunden, damit auch beide den Dirty Talk genießen können. Wichtig ist dabei, dass das Vokabular beim Dirty Talk den Partner nicht verletzt. Der Talk sollte der Beziehung der Partner angepasst sein. Schnell kann ein zu derbes Wort zum falschen Augenblick die erotische Stimmung nach unten drücken oder die intime Atmosphäre gar beenden. Das richtige Wort zum richtigen Zeitpunkt kann dagegen wahre Wunder bewirken. Durch anfeuernde Ausdrücke soll der Partner zu Höchstgenüssen stimuliert werden.
Erfahrene Männer betonen beim Dirty Talk dabei gerne die individuellen Vorzüge der Frau. Die Frau gibt hingegen gerne klare Anweisungen und vermeidet Verkleinerungsformen. Vokabular aus Sexmagazinen oder Hardcore-Pornos kann inspirieren aber auch abtörnen.
Eine Umfrage ergab, dass bereits 44 Prozent der Deutschen Dirty Talk nutzen. Für Frauen ist das Reden über Sex sogar noch erregender als für Männer. 94 Prozent der Frauen betrachten Dirty Talk laut einer Studie als Mittel, um das Sexualleben anzukurbeln.
Bei Cybersex (Netiquette) oder Telefonsex, ebenso wie bei SMS-Botschaften und auch Liebesbriefen kommt es darauf an, den nicht sichtbaren Partner mit Worten zu erregen. Dieses aber ohne den Partner zu belästigen oder gar zu beleidigen.
Dabei ist die Auswahl an erotisierenden Ausdrücken sehr groß. Die Partner können
– genau beschreiben, was sie erregt oder sie gerade tun
– erotisierende Liebesschwüre ablegen
– dabei mehrdeutige Bemerkungen machen
– simple Reizworte nutzen, wie ficken, nass, hart, oder ähnliches
– Sexualorgane mit Eigennamen benennen, bspw. „Muschi“ oder “Schwanz“
– einen bestimmten Dialekt oder Akzent imitieren, wie etwa französisch
– Szenesprache nutzen
– eine gemeinsame „geile“ Sprache oder Schlüsselwörter finden und benutzen
– phantasievolle und poetische Ausdrücke nutzen, etwa „die Auster schlürfen“
– erotische Phantasien oder Geschichten erzählen
– spezielles Vokabular benutzen oder flüstern
– witzig, frivol, schamlos, anrüchig, verrucht oder gar deftig sein
– unanständig, obszön, vulgär erscheinen oder sich Tiernamen geben
– unmoralisch sein oder Fäkalsprache benutzen
– sich Befehle geben, zum Beispiel: „Waffe hoch“ oder „Bück dich“
– sich mit „Schlampe“, „Sau“ oder „Luder“ beschimpfen
– sich als Variation von BDSM erniedrigen und beleidigen
Einschüchterung in Verbindung mit sexueller Belästigung als Form von verbalem Missbrauch oder emotionale Manipulationen sind kein Dirty Talk. Ebenso wenig wie eine absichtlich hervorgerufene Betretenheit.
Ist das sexuelle Erleben auf das Zuhören sexueller Texte oder auf Gespräche sexuellen Inhalts fixiert, spricht man von der Paraphilie oder Narratophilie. Bei obszönen Anrufen ist von Telefonscatophilie die Rede.